Drei Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe haben vor dem Landgericht München I Klimaklage gegen BMW eingereicht. Das Verfahren wirft die Frage auf, ob es Sache der Wirtschaft oder des Gesetzgebers ist, dem Klimawandel entgegenzuwirken.

Gestern fand vor dem Landgericht München I die mündliche Verhandlung im Prozess dreier Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen BMW statt.

Die drei Bundesgeschäftsführer der DUH hatten im September 2021 vor dem Landgericht München I Klage gegen BMW (81-seitiges PDF/1.204 KB) eingereicht. Darin fordern sie, dass der Autobauer sein Unternehmen klimagerecht umbaut und den CO2-Ausstoß seiner Fahrzeuge „drastisch reduziert“. So soll die Klage erreichen, dass BMW zwischen dem 1. Januar 2022 und dem 31. Oktober 2030 nur noch neue Pkw auf den Markt bringen darf, die zusammengerechnet maximal 604 Millionen Tonnen CO2 ausstoßen, oder für darüber hinausgehenden CO2-Emissionen Treibhausgasneutralität nachweisen muss. Auch klagen die drei Bundesgeschäftsführer darauf, dass BMW ab dem 31. Oktober 2030 den Verkauf von neuen Pkw mit Verbrennungsmotor komplett einstellen muss.

Die DUH teilte bei Klageeinreichung mit, sie habe BMW zunächst mit einem Anspruchsschreiben dazu aufgefordert, sich bis zum 20. September 2021 „zu ausreichendem Klimaschutz und dem Aus für Verbrennungsmotoren bis 2030“ zu verpflichten. BMW habe dies jedoch abgelehnt, daher habe man Klage eingereicht.

In ihrer Klage berufen sich die drei Bundesgeschäftsführer auf das Pariser Klimaschutzabkommen, das unter anderem durch die Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet wurde und zum Ziel hat, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad – verglichen mit der Temperatur vor dem industriellen Zeitalter – zu begrenzen. Auch verweist die Klage auf ein folglich zur Verfügung stehendes Restbudget an Treibhausgasemissionen und auf den Klimaschutz-Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) aus dem letzten Jahr. Mit seiner Entscheidung hatte das Gericht den Gesetzgeber dazu verpflichtet, das Bundes-Klimaschutzgesetz zu ändern. Es sei in Teilen verfassungswidrig, da es nicht klar genug regle, wie die gesetzlich vorgesehene Treibhausgasreduktion im Zeitraum nach 2030 erreicht werden soll. Hierdurch würden die Freiheitsrechte der teils noch sehr jungen Beschwerdeführer verletzt, da hohe Emissionsminderungslasten auf Zeiträume nach 2030 verschoben würden.

Auch die Bundesgeschäftsführer der DUH argumentieren damit, dass es ihre Freiheit gefährde, wenn die vereinbarten Klimaziele nicht eingehalten würden. Sie stützen ihre Ansprüche jedoch vor allem auf den Paragrafen 823 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der besagt, dass jemand, der „vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt“, dem anderen Schadensersatz leisten muss. Auch stützen sie sich auf die Regeln zum Unterlassensanspruch gemäß Paragraf 1004 Absatz 1 BGB.

Der Autobauer hält dagegen, dass es sich bei der Klage um eine verdeckte Popularklage handele, es fehle die Prozessführungsbefugnis und daher sei die Klage bereits unzulässig. Der Autobauer halte außerdem sämtliche öffentlich-rechtlichen Vorgaben ein, eine Pflichtverletzung seinerseits liege daher nicht vor. Er sei darüber hinaus nicht der richtige Beklagte, da Klimaschutz Sache des Staates sei.

Das Gericht äußerte in der mündlichen Verhandlung Zweifel an der Begründetheit der Klage, da Zivilprozesse in ihrer traditionellen Ausprägung für Konflikte zwischen zwei Parteien vorgesehen seien. Klimaneutralität sei eine komplexe Angelegenheit mit vielen daran beteiligten Akteuren. Das Gericht verwies weiter darauf, dass der Klimabeschluss des BVerfG sich an den Staat und nicht an ein Unternehmen richtet. Das Gericht wies zudem darauf hin, dass sich bereits 2016 der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages mit dem Themenkomplex Klimaklagen auseinandergesetzt hat und dabei zwischen Klagen gegen Staaten und Klagen gegen Unternehmen unterschied: Klimaklagen seien zwar nicht gänzlich unmöglich, allerdings gebe es erhebliche Hürden für Klimaklagen gegen Unternehmen. Sein Urteil kündigte das Gericht für den 7. Februar 2023 an.

Bei den deutschen Gerichten sind noch weitere Verfahren gegen Autobauer anhängig. So läuft vor dem Landgericht Detmold derzeit ein Verfahren gegen Volkswagen: Ein Bio-Landwirt hatte die Klage mit Unterstützung von Greenpeace eingereicht. Vor Gericht will er geltend machen, dass der zweitgrößte Autobauer der Welt aufgrund der CO2-Emmissionen seiner Fahrzeuge mitverantwortlich sei für Schäden, die durch Dürren und Starkregen für seinen Betrieb, Hof und Wald entstanden sind und entstehen werden. Eine zweite mündliche Verhandlung ist für den 3. Februar 2023 angesetzt.

Eine Klage gegen Mercedes Benz, die die DUH parallel zu der Klage gegen BMW eingereicht hatte, wurde im September 2022 durch das Landgericht Stuttgart abgewiesen. Die DUH kündigte an, in die nächste Instanz zu gehen.

Die EU hat sich erst Ende Oktober auf ein Aus für den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 geeinigt, wobei noch offen ist, ob auch mit E-Fuels betriebene Fahrzeuge unter das Verbot fallen werden.

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